BGH: Beschränkung des Ausgleichsanspruchs eines in der gemeinsamen Immobilie verbleibenden Partners einer aufgelösten nicht ehelichen Lebensgemeinschaft um hälftigen Nutzungswert

Mit Urteil vom 11.07.2018 entschied der 12. Zivilsenat des BGH folgenden Fall:

Die Parteien stritten sich nach dem Ende ihrer Lebensgemeinschaft um Ansprüche, die im Zusammenhang mit der Nutzung des im hälftigen Miteigentum stehenden Anwesens entstanden sein sollen.

Die Parteien lebten zunächst gemeinsam im Hausanwesen und hafteten gesamtschuldnerisch auf das Finanzierungsdarlehen. Nach Scheitern der Beziehung bewohnte die Klägerin das Anwesen von 2011 bis 2013 allein und zog danach ebenfalls aus. Sie zahlte von 2011 bis 2014 überwiegend alleine die Grundstückslasten bis zur Veräußerung des Anwesens durch beide Parteien. Der Veräußerungserlös wurde hälftig aufgeteilt.

Nach der Trennung hatte die im Anwesen verbliebende Klägerin zu keinem Zeitpunkt einen Ausgleichsanspruch hinsichtlich der Immobilienlasten geltend gemacht. Die Beklagte hatte vorgerichtlich nie zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung aufgefordert.

Der BGH stellt in seiner Entscheidung unter Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung folgendes klar:

Grundsätzlich stehen den Parteien nach Ende der Lebensgemeinschaft und der gemeinsamen Haushaltsführung Ausgleichsansprüche wegen Leistungen an die Gläubiger zu, wenn diese die eigene Haftungsquote im Innenverhältnis zum mithaftenden Partner übersteigen. Dies ergibt sich aus der Gesamtschuldnereigenschaft (§ 426 Abs. 1 BGB) und dem hälftigen Miteigentum (§§ 748, 755 BGB).

Die Haftung im Innenverhältnis kann jedoch anders geregelt sein, wenn sich aus Gesetz, einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung, Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens etwas anderes ergibt.

Während des Bestehens einer Ehe oder einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft können sich andere Aufteilungen ergeben, sei es weil ein Teil als Alleinverdiener den überwiegenden Teil der finanziellen Verpflichtungen trägt, sei es weil vom nicht oder weniger zahlenden Partner anderweitige Beiträge zur Schaffung gemeinschaftlichen Vermögens oder zur gemeinsamen Lebensführung geleistet werden.

Mit dem Scheitern der ehelichen Lebensgemeinschaft bzw. Beziehung entfällt jedoch der Grund für eine von der hälftigen Aufteilung abweichenden Gestaltung, zumal im Zweifel kein Anlass bestehe, weiterhin eine Vermögensmehrung des ehemaligen Partners zu bewirken.

Mit der ständigen Rechtsprechung des BGH ist nach der Trennung zu überprüfen, ob an die Stelle der vorherigen Regelung eine andere rechtliche oder tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse tritt, die ähnlich wie zuvor eine andere als hälftige Aufteilung der Lasten erfordert.

Nach Auffassung des BGH ist dies dann der Fall, wenn ein Ehegatte das Haus nach der Trennung weiterhin im Einverständnis mit dem anderen nutzt und wie bisher alleine die Lasten trägt, ohne dass einer von beiden einen Ausgleichs- oder Entschädigungsanspruch geltend macht.

Der Fortbestand der hälftigen Lastentragung hätte ansonsten zur Konsequenz, dass dem im Hausanwesen verbleibenden und zahlenden Ehegatten ein hälftiger Ausgleichsanspruch auch rückwirkend zur Verfügung stünde, wohingegen der Ausziehende seinen Entschädigungsanspruch erst mit hinreichender Deutlichkeit geltend machen muss, um ihn durchsetzen zu können, rückwirkende Aufrechnungsmöglichkeiten also entfallen.

Daher hat der BGH in ständiger Rechtsprechung ausgearbeitet, dass im Rahmen einer solchen Fallgestaltung der Ausgleichsanspruch des lastentragenden Ehegatten gemäß Treu und Glauben (§ 242 BGB) von vornherein beschränkt ist, ohne dass es entsprechender (Aufrechnungs-) Erklärung bedarf.

Die Kritik, dass dem im Hausanwesen verbleibenden Partner die Nutzung aufgedrängt wird, weist der BGH mit dem Argument zurück, dass es dem im Hausanwesen verbleibenden Partner zustehe, umgehend eine andere Nutzungsregelung bzw. eine Beteiligung an den Hauslasten zu verlangen oder selbst die Nutzung stante pede einzustellen.

Vorstehende Rechtsprechung überträgt der BGH ohne weiteres auch auf nicht eheliche Lebensgemeinschaften, zumal es nicht – wie die Kritik meint – um die Gleichbehandlung von Ehe und Lebensgemeinschaft, sondern um die gleiche Behandlung vergleichbarer Bruchteilgemeinschaften geht.

Wenn wie im zu entscheidenden Fall der sachverständig festgestellte Nutzungswert des Anwesens die vom verbleibenden Partner getragenen Lasten übersteigt, scheidet ein Ausgleichsanspruch gegen den ausgezogenen Partner aus. Dies ändert sich erst, wenn der im Hausanwesen verbliebene Partner die Nutzung der Immobilie ebenfalls einstellt und weiter alleine die Hauslasten trägt.

BGH, Urteil vom 11.07.2018, Az. XII ZR 108/17

(mitgeteilt von RA. Michael Lang)