OLG Düsseldorf: Verwirkung auch rechtshängiger Unterhaltsansprüche

Die Antragstellerin hatte beim AG Wesel unter anderem laufenden nachehelichen Unterhalt, verbunden mit Anträgen auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe geltend gemacht.

Nach Aufforderung durch das Gericht, die Sachanträge zu aktualisieren, wurde das Verfahren von der Antragstellerin über drei Jahre lang nicht betrieben. Sodann bat die Antragstellerin um Terminierung und Entscheidung über ihr Verfahrenskostenhilfegesuch.

Das Amtsgericht Wesel gewährte zwar Verfahrenskostenhilfe, wies den Antrag auf nachehelichen Unterhalt jedoch zurück, da zum einen zu befristen und der bis dahin aufgelaufene Rückstand seit Eintritt des faktischen Ruhens des Verfahrens als verwirkt anzusehen sei.

Die Antragstellerin habe das Verfahren über drei Jahre nicht aktiv gefördert, weshalb der Antragsgegner trotz Rechtshängigkeit ihr Verhalten so verstehen durfte, dass die Antragstellerin an einer Weiterverfolgung ihrer Ansprüche kein Interesse mehr habe.

Auf entsprechende Beschwerde der Antragstellerin entschied das OLG Düsseldorf, dass die den Zeitraum des Ruhens des Verfahrens betreffenden Ansprüche der Antragstellerin gem. § 242 BGB verwirkt sind, auch wenn die Ansprüche bereits rechtshängig waren.

Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH führt das OLG Düsseldorf aus, dass ganz allgemein bei Unterhaltsrückständen der Schuldnerschutz bei mindestens ein Jahr zurückliegenden Unterhaltsrückständen besondere Beachtung verdient und eine Verwirkung in Betracht kommen könne, wenn die Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind, obwohl der Gläubiger hierzu in der Lage gewesen wäre und sich der Verpflichtete mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde.

Diese Grundsätze gelten sowohl für rechtshängige als auch für bereits titulierte Ansprüche. Wenn für titulierte Ansprüche nach Ablauf eines Jahres wegen illoyaler Untätigkeit nach Ansicht des BGH Verwirkung eintrete, muss dies nach Auffassung des OLG Düsseldorf erst recht für rechtshängige noch nicht titulierte Ansprüche gelten.

Das erforderliche Zeitmoment der Verwirkung ist angesichts des dreijährigen Stillstandes des Verfahrens nach Auffassung des OLG Düsseldorf erfüllt, auch wenn das Gericht seine Pflicht zur Verfahrensförderung nicht eingehalten hat, da es auf den objektiv geschaffenen Rechtschein ohne Rücksicht auf den Grund hierfür ankomme.

Das Amtsgericht Wesel habe für alle Beteiligten zunächst einmal die Aktualisierung der Sachanträge verlangt und den Fortgang hiervon abhängig gemacht. Auch wenn dies verfahrensfehlerhaft war, hätte die Antragstellerin signalisieren müssen, dass sie trotz des Verfahrensstillstands an der Verfolgung ihrer Ansprüche festhalte, dies insbesondere, nachdem über den

Verfahrenskostenhilfeantrag noch nicht entschieden war und daher von einer Fortführung des Verfahrens „unter allen Umständen“ nicht ausgegangen werden konnte.

(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.06.2018, Az.: 8 UF 217/17)

(mitgeteilt von RA. Michael Lang)